Esmoraca,  im Dezember 2011

Liebe Missionsfreunde

Einweihung der neuen Kapelle in Bonete PalcaIch hoffe, ihr seid alle soweit wohlauf!

Meinen Weihnachtsbrief bei sommerlichen Temperaturen, wir stehen im Frühling, möchte ich diesmal in Talina beginnen, wo ich über Allerheiligen und Allerseelen die Gottesdienste hatte. In Bolivien ist Allerseelen Feiertag und an diesem Tag füllen sich entsprechend die Friedhöfe. Nach dem Volksglauben besuchen die Seelen der „angelitos“, der verstorbenen Babies, ab Mittag des 31. Oktobers bis zum 01. November ihre Angehörigen. Die Seelen der erwachsenen Verstorbenen werden vom 01. bis 02. November erwartet und bewirtet. Ja, und richtig gefeiert wird bei den „nuevos“, also den seit dem letzten Allerseelentag Verstorbenen. Zu solch einem Fest war ich in einem der zu Talina gehörenden Dörfern gegangen. Die Meßfeier fand im Haus des Verstorbenen vor einem mit süßem Gebäck, Früchten, Erfrischungsgetränken, Wein, Bier, Schnaps etc. beladenen Tisch statt. Diese Gaben wurden später an die Anwesenden verteilt, und es versteht sich, daß bei diesen alkoholischen Versuchungen viele nicht mehr nüchtern das Haus verlassen haben.

Mitte Oktober hatte ich als „padrino“ meine „ahijados“, also Patenkinder der Abi-Klasse vom Colegio in Esmoraca, elf an der Zahl, wobei die beiden hochschwangeren Schülerinnen zuhause bleiben mußten, zwei Tage lang auf deren Abi-Fahrt begleitet. Wir fuhren gemeinsam im Pfarr-Toyota in sechs Stunden zum Salar von Uyuni und besuchten natürlich auch Llica, wo ich fünfzehn Jahre als Pfarrer gewirkt hatte. Im Haus von Don Noel speisten wir zu Mittag. Nachdem der neue „director general“ der Lehrerausbildungsstätte „Franz Tamayo“, wo ich ja acht Jahre lang ehrenamtlich das Fach „Ethik und Moral“ unterrichtet hatte, einer meiner zahlreichen „compadres“ ist, d.h., ich bin Taufpate von einem seiner Söhne, schaute ich mit den Jugendlichen auf einen Sprung dort vorbei. Die neue Schulleitung hatte uns freundlich empfangen und sich für uns Zeit genommen. Derweil die „ahijados“ dann von Uyuni aus nach La Paz und von dort zum Titicaca-See weiterfuhren, kehrte ich mit Noel nach Esmoraca zurück. Versteht sich, daß der „padrino“ einen Teil der Abi-Fahrt sponsert.

Ende Oktober stand dann der pastorale Fußmarsch zu entlegenen Bergdörfern in Sud Lipez an. Während mein Vorgänger den Meßkoffer, Proviant etc. auf Eselsrücken geladen hatte, zog ich mit vier Jugendlichen aus Esmoraca durch die Berge, einer davon der Gitarrist. Mein Rucksäckchen war allerdings mehr symbolischer Art, ich mußte ja abends nach drei bis fünf Stunden Fußmarsch immer noch den Gottesdienst halten. Die Trampelpfade führten uns von 3.000 m bis auf eine Höhe von 4.800 m rauf. So ab 4.500 m war ich bei Aufstiegen trotz kleinem Rucksäckle immer schnaufend der letzte. Höhepunkt der Pastoraltournee war die Einweihung der in Bonete Palca erbauten kleinen Kapelle. Ich hatte euch ja schon berichtet, daß die guten Leut‘ dort mit Eseln das Baumaterial heranschaffen mußten. Entsprechend war die Freude über den Erfolg der Mühen groß. Daß bei solch einer Einweihung auch „Blut fließen“ muß, d.h., eine Ziege geschächtet und deren Herz dann zu Ehren der Pachamama vorm Kapellchen vergraben wurde, sei nur ganz am Rande bemerkt. Diese Riten werden meist durchgeführt, wenn ich nicht zu sehen bin, der Padre beispielsweise beim Frühstück sitzt.

Nun zum zweiten Teil meines Briefes, den ich jetzt von meinem Schreibtisch aus im Pfarrhaus von Esmoraca fortsetze, vom Winde eines Ventilators gekühlt. Um die Mittagszeit zeigt das Thermometer in meinem Arbeitszimmer bis an die 28 Grad an. Esmoraca liegt derzeit im Olympiafieber. Mitte November werden zahlreiche Colegios zu Jugendspielen erwartet. Das Beeindruckende für mich ist, daß trotz fehlender Organisation und Koordination doch noch einiges auf die Beine gestellt wird. Eine Woche vor Beginn der Spiele ist aber noch unklar, ob sechs oder fünfzehn Colegios nach Esmoraca anreisen. Als Pfarrei halten wir uns so aus der direkten Organisation heraus, doch zeige ich mich als Pfarrer interessiert und hilfsbereit. Mit diesem Sportereignis will das kleine Esmoraca eben zeigen, daß es auch zu Großen fähig ist. Für uns als christliche Gemeinde ist das Sportereignis aber auch deshalb interessant, weil wir mit jugendlichen Besuchern in Kontakt zu kommen und uns so attraktiv „präsentieren“ können.

Das Foto links zeigt die kleine Festtafel im Pfarrhaus am Tag unseres Pfarrpatrones, des Hl. FranziskusDas Foto links zeigt die kleine Festtafel im Pfarrhaus am Tag unseres Pfarrpatrones, des Hl. Franziskus. Diesen Tag einmal zu einem Pfarrfest werden zu lassen, vermeide ich, da unsere Mineros schon genug „bechern“. Die Renovierung der Pfarrkirche geht in kleinen Schritten voran, da Adveniat unseren Antrag auf Mitfinanzierung noch nicht beantwortet hat. Mitte Dezember wollen sie sich dazu aber äußern. Der chronische Mangel an Zement erschwert allgemein das Bauen in unseren Höhen, dazu kommt, daß die Materialkosten dauernd steigen. In Esmoraca ist die Wasserversorgung schlecht, wir müssen also oft zum nahegelegenen Fluß fahren. Don Noel ist mir als „Mädchen für alles“ nach wie vor eine große Hilfe, er koordiniert und überwacht die Bauarbeiten, so daß ich die Hände mehr für pastorale Dinge frei habe. Zudem genießt er das Vertrauen der Menschen hier und sie vertrauen ihm auch persönliche Probleme an, die sie mir so nicht sagen; also wie eine gute Haushälterin in deutschen Pfarrhäusern. Wie lange er mir allerdings erhalten bleibt, weiß ich nicht, er hat ja eine recht große Familie in Llica. Natürlich bekommt er auch sein Gehältle, was zu Lasten der Pfarrkasse geht. Aber ohne verläßliche Mitarbeiter kann ich im abgelegenen Esmoraca eben nicht arbeiten.

Eine Woche nach der Jugendolympiade steht der Firmbesuch unseres Bischofs an. Wir hatten Glück, daß die beiden Termine nicht kollidierten, den lange Zeit konnte uns die Schulleitung keinen konkreten Termin deren Sportaktivitäten nennen. Der Bischof wollte und mußte seinen Besuch in Esmoraca aber einige Wochen vorausplanen. Hoffen wir, daß es bis zum Bischofsbesuch nicht stark regnet, obwohl wir am Anfang der Regenzeit stehen. Monseñor reist nämlich von Villazón an und muß auf seinem Weg nach Esmoraca den Fluß „San Juan del Oro“ durchqueren, der in der Regenzeit normalerweise für Autos unpassierbar wird. Für heftige Regenfälle ist aber auch schon vorgesorgt. In diesem Falle muß der Herr Bischof, er ist noch recht jung, sich eben Bermudashorts anziehen und den Fluß zu Fuß durchqueren. Mehr als einen bis eineinhalb Meter Wasser führt der San Juan del Oro nicht. Auf der anderen Uferseite würden wir ihn dann mit Handtuch etc. begrüßen.

Seit ein paar Wochen habe ich wieder ein Modem, was mir erlaubt, über Amateurfunk einfache Texte nach Mailboxen in den USA oder Kanada zu funken, von wo aus sie ins Internet gelangen. Das letzte Modem hatte Mitte Januar nach Blitzeinschlag den Geist aufgegeben. Das neue Modem, der P4-Dragon, lag allerdings erst ‘mal zwei Monate beim Zoll in La Paz auf Eis. Eine so ausgefeilte deutsche Funkradiotechnik hatte dort zunächst für Verwirrung gesorgt. Aber für mich ist eine gute Kommunikation eben Voraussetzung für effektives Arbeiten. Denn ohne die lieben Missionsfreunde in Deutschland wäre in Esmoraca, salopp gesagt, nichts los. Und die lieben Freunde wollen natürlich auch wissen, was man mit ihren solidarischen Missionsspenden so macht. Als Pfarrei sind wir inzwischen zu einem Motivationsmotor für Esmoraca geworden, auch im dorfpolitisch sozialen Bereich.

Zu Weihnachten erwarten wir für zwei Wochen zwei Ordensschwestern aus Cochabamba, sie wollen zusammen mit weiteren sechs Schwestern ‘mal aus der Großstadt raus. Die beiden Schwestern werden das Weihnachtsfest in Mojinete vorbereiten und dort feiern, in Talina und Dörfern wird mein Nachbar von Villazón aus die Gottesdienste übernehmen. Ja, und ich bleibe Weihnachten in Esmoraca. In der Regenzeit kann man nicht so einfach von einem Dorf ins andere fahren. Starke Regenfälle lassen schnell Flüßchen zu reisenden Strömen werden und Erdrutsche machen eh schon schlechte Landstraßen unpassierbar.

An dieser Stelle möchte ich wie schon so oft allen lieben Freunden in der Heimat, die meine Missionsarbeit auch materiell unterstützen, ein ganz HERZLICHES VERGELT’S GOTT sagen. Daß eure solidarischen Missionsspenden ‘was Gutes bewirken, bzw. segensreich sind, wird in meinen Briefen, denke ich, immer wieder sichtbar und greifbar.
Viel gäbe es noch zu berichten, doch ist die zweite Seite des Briefes auch schon voll.

Ich wünsche euch noch besinnliche Tage im Advent, ein FROHES WEIHNACHTSFEST und ein GESEGNETES GUTES NEUES JAHR 2012. Im Herbst 2012 habe ich vor, wieder ‘mal die Heimat zu besuchen.

Nochmals mit "saludos cordiales" und in Dankbarkeit

Euer
P. Dietmar Krämer

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Ermoraca & Mojinete, gehören zur Diözese Potosí

Bischof Diözese Potosí

"Die Pfarreien “San Francisco de Asis” von Esmoraca und Mojinete, gehören zur Diözese Potosí in Bolivien, deren Bischof jetzt Monseñor Ricardo Centellas ist."

Missionsspenden

Neue Bankverbindung ab November 2016:
Missionsspenden: zugunsten einer vielseitigen und lebendigen Pfarrarbeit, sowie Instandsetzung bzw. Neubau verschiedener Kapellen. Missionsgesellschaft vom Heiligen Geist, Pax-Bank Köln Iban: DE29 3706 0193 0021 7330 32 BIC: GENODED1PAX Wichtig mit Vermerk für Padre Dietmar Krämer Bolivien. Sollte es mit der Spendenbescheinigung ‘mal nicht klappen, schickt Frau Bachfeld von der Missionsprokur, Tel.: 02133-869144 oder Email: bachfeld@spiritaner.de auf Anfrage dann die gewünschte Bescheinigung.